Gesetzlicher Mindestlohn 2021
Viele Menschen arbeiten in wichtigen Berufen und benötigen trotzdem Unterstützung aus unserem Sozialsystem, da sie von ihrem schlechten Gehalt nicht leben können. Um dem entgegenzuwirken gibt es seit 2015 den von Gewerkschaften erkämpften gesetzlichen Mindestlohn. Er soll Ausbeutung und prekärer Beschäftigung vorbeugen.
Doch für viele Menschen in bestimmten Berufen, wie z.B. in der Pflege, bei Reinigungsdiensten und im Zustellservice reicht der aktuelle Mindestlohn bei weitem noch nicht aus. Das hat nicht nur Auswirkungen auf Gesundheit und Selbstwertgefühl, sondern auch auf unsere Gesellschaft.
Dabei waren die Ziele des Mindestlohns eigentlich klar:
- Angemessene Einkommensniveaus
- ein fairer Wettbewerb
- Lohnarmut verhindern
- Sicherstellung, dass Menschen von ihrem Gehalt leben können
- Altersarmut vorbeugen
- Staatshaushalt entlasten
- würdige Arbeitsbedingungen schaffen
- Gerechte Gehaltsverteilung
- Gleichberechtigung fördern
Schaut man sich diese Liste an, erwischt man sich jedoch hier und da bei einem höhnischen Grinsen. Denn natürlich können auch mit dem aktuellen Mindestlohn allein nicht alle diese Ziele verwirklicht werden.
Zum 01. Januar 2021 wurde der gesetzliche Mindestlohn auf 9,50 Euro angehoben.
Bis zum 1. Juli 2022 soll er stufenweise auf 10,45 Euro angehoben werden.
Die tatsächliche Höhe wird teilweise automatisch an die Preis- und Lohnentwicklung angepasst, teilweise durch die Regierung festgelegt.
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell ruft die Arbeitgeber sogar auf, noch vor der Bundestagswahl im September 2021 den gesetzlichen Mindestlohn auf mindestens 12 Euro zu erhöhen. Und auch Kanzlerkandidat Olaf Scholz von der SPD verspricht den 12 Euro-Mindestlohn.
Doch was bedeutet das eigentlich für junge Auszubildende & Studenten?
Denn auch mit den neuen Bestimmungen gilt, dass folgende Gruppen vom Mindestlohn ausgeschlossen bleiben:
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
- Auszubildende – unabhängig von ihrem Alter – im Rahmen der
Berufsausbildung - Praktikanten, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer
schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet - Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer
von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder
Aufnahme eines Studiums dient - Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu
einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvor-
bereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen - ehrenamtlich Tätige
Es ist zwar auch häufig von der Einführung eines „Mindestlohns für Azubis“ die Rede, die korrekte Bezeichnung für dieses Mindestentgelt für Auszubildende ist aber „Mindestausbildungsvergütung“ und nicht zu verwechseln mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Auf Drängen der Gewerkschaftsjugend ist sie zu Januar 2020 eingeführt worden und ist seit dem Januar 2021 gestiegen.
Sie wird nach Ausbildungsjahr berechnet und beträgt in diesem Jahr:
- 550 Euro im 1. Ausbildungsjahr
- 649 Euro im 2. Ausbildungsjahr
- 743 Euro im 3. Ausbildungsjahr
- 770 Euro im 4. Ausbildungsjahr
Und wie läuft das bei Praktika?
Der gesetzliche Mindestlohn gilt grundsätzlich auch für Praktikanten. Das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG, § 22 Absatz 1) nennt jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel.
In den folgenden Fällen müssen Chefs Praktikanten nicht mit einem Stundenlohn von 9,50 Euro vergüten:
- Pflichtpraktikum von Studenten oder Auszubildenden:
Bei einem Pflichtpraktikum, das seine Studien-, Schul- oder Ausbildungsordnung vorschreibt, gibt es keinen Mindestlohn. - Freiwilliges Praktikum:
Bei freiwilligen Praktika ist nicht in allen Fällen eine Praktikumsvergütung vorgeschrieben.
Ebenfalls keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben Praktikanten, wenn:
- das Praktikum maximal drei Monate dauert und zur Orientierung für eine Ausbildung oder ein Studium dient. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Abiturient einen Monat lang die Arbeit bei einem Automobilhersteller als Praktikant kennen lernt, weil er überlegt, Maschinenbau zu studieren.
- das Praktikum maximal drei Monate dauert und eine Ausbildung oder ein Studium begleitet. Sprich: Arbeitgeber müssen Praktikanten keinen Mindestlohn zahlen, wenn diese während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums ein Praktikum absolvieren, das einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung hat.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Dauert ein freiwilliges Orientierungspraktikum oder ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum länger als drei Monate, müssen Chefs den Mindestlohn zahlen.
Wie ihr seht, bestätigen auch hier wie immer Ausnahmen die Regeln.
Fazit
Eines ist klar: Egal ob Azubi, Praktikant:in oder Student:in, oftmals sind junge Leute nach der Schule auf Unterstützung angewiesen. Da die Unterstützung vom Staat oft nicht ausreicht, sind viele junge Menschen auch noch Jahre nach ihrem Schulabschluss von ihren Eltern abhängig. Arbeitswege, eigene Wohnung, Verpflegung, Fixkosten – da bleibt leider nicht mehr viel für die Freizeit. Was aber, wenn auch das Elternhaus nicht die nötigen Mittel hat, um ihre Kinder zu unterstützen? An dieser Stelle sollte unser Sozialsystem greifen, um allen die selben Chancen zu ermöglichen. Doch die Realität sieht hier leider oft anders aus.
Student:innen halten sich häufig mit mehreren Nebenjobs über Wasser, müssen aber gleichzeitig aufpassen, dass das Studium nicht darunter leidet. Kleinere Ausbildungsbetriebe verlieren durch geringere Löhne an Beliebtheit bei Azubis, der Konkurrenzkampf unter jungen Menschen wird dadurch größer (mehr Bewerbungen auf dieselben Stellen). Und Praktika zu absolvieren können sich viele schlichtweg nicht leisten, wodurch es an Praxiserfahrungen fehlt, was wiederum die Jobchancen junger Einsteiger:innen verringert. Die Folge ist dann leider Jugendarbeitslosigkeit.
Die Einführung des Mindestlohns oder einer Mindestausbildungsvergütung war zwar definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sagen aber das reicht noch nicht. Da geht noch mehr!
Mehr zum Thema findet ihr auf www.mindestlohn.de
Quellen:
https://de.euronews.com/2021/05/10/spd-kanzlerkandidat-scholz-verspricht-12-euro-mindestlohn